Filmstill zu "Lotte in Weimar"

Sichtbares Filmerbe.

Der Progress Film-Verleih

Sonntag, zwölf Uhr mittags: Ein Termin, den viele Kinder lieben, weil zu dieser Zeit der Kinderkanal seine „Märchenstunde“ präsentiert – etwa 30 Prozent der auf diesem Programmplatz ausgestrahlten Filme sind DEFA-Produktionen. Doch nicht nur für Kinder bleibt in dieser Form das Filmerbe der DDR Teil der eigenen Medien-Sozialisation; auch Erwachsenen bieten vor allem Fernsehausstrahlungen die Chance zur Begegnung mit Filmen aus dem ehemaligen „Wilden Osten“: Allein im Januar 2006 waren 25 DEFA-Produktionen im deutschen Fernsehen zu sehen; im Jahr 2005 wurden weit über 200 Filme ausgestrahlt, von denen sich etwa die Hälfte an Kinder, die andere Hälfte an Erwachsene richtete (wobei das DEFA-Dokumtarfilmschaffen stark unterrepräsentiert war). Bei Sonderreihen und Retrospektiven werden die großen Klassiker – etwa „Die Mörder sind unter uns“, „Ehe im Schatten“, „Die Legende von Paul und Paula“ oder „Spur der Steine“ –, auch auf der Kinoleinwand zum Leben erweckt; und das nicht nur in Deutschland: Von Seoul bis New York, Hongkong oder Rio de Janeiro wurden DEFA-Filme gezeigt.

Diese „Sichtbarkeit“ des Filmerbes der DEFA ist dem Progress Film-Verleih zu verdanken. Zusammen mit der DEFA-Stiftung als Lizenzgeber und Icestorm Entertainment, die als Lizenznehmer von Progress die Video- und DVD-Auswertung der DEFA-Filme betreut, sorgt das 1950 als Monopol-Filmverleih der DDR gegründete und 1990 privatisierte Unternehmen dafür, dass die DEFA-Filme lebendig bleiben. Als Progress nach seiner Privatisierung 1990 und nach einer Phase als von der Treuhand bzw. der BvS (Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben) verwaltete GmbH 1997 von den Firmen Drefa und Tellux übernommen wurde, schrieb Volker Baer im „film-dienst“ (fd 8/97), es bleibe zu hoffen, dass das Unternehmen mit seinem Bestand, dem DEFA-Filmerbe aus Spiel-, Dokumentar-, Animations- und Kurzfilmen, wuchern könne. Das ist Progress, der seit 2001 ganz der Tellux gehört, gelungen; vor allem durch die Vermarktung der Filme im Fernsehen sowie durch den Handel mit Filmausschnitten. Vom Gewinn, der damit erwirtschaftet wird, profitiert nicht zuletzt auch die DEFA-Stiftung als Lizenzgeberin, die 50 Prozent der Einnahmen aus dem Lizenzhandel für ihre Arbeit nutzen kann.

Durch die Zusammenarbeit mit Programmkinos, mit Goethe-Instituten, mit Filmfestivals und anderen Institutionen hat sich Progress aber nicht nur finanziell, sondern auch kulturell verdient gemacht. Die meiste Aufmerksamkeit erregte in diesem Kontext die Retrospektive „Rebels with a cause. The cinema of East Germany“, die im Oktober 2005 in New York im Museum of Modern Art lief und danach in Atlanta, Chicago, Ohio, Rochester und Washington zu sehen war; seit November 2005 ist die Reihe in verschiedenen deutschen Spielstätten zu entdecken.

Die Tätigkeiten des Verleihs beschränken sich zudem nicht nur auf das Vermarkten alter DEFA-Filme; vielmehr bringt Progress auch neue Werke (der Tellux-Tochterfirma Provobis, aber auch anderer Produzenten) heraus – 2006 z.B. neben neben den Dokumentarfilmen „Pakt des Schweigens“ und „Der Rote Elvis“ den neuen Spielfilm von Volker Schlöndorff: „Strajk. Die Heldin von Danzig“. Er erzählt von einer polnischen Arbeiterin, deren Widerstand gegen die Ungerechtigkeiten der Obrigkeit der Gewerkschaft Solidarnosc auf den Weg half. Der Film startet im Herbst 2006 in den Kinos.

(filmdienst Sonderheft 10/2006)

Im Internet: www.progress-film.de 

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